Magnificat
Michael Chalupka über ein Gebet in der Not
Am 20. Februar 2022 erfährt Dariia, dass sie schwanger ist. Vier Tage später greift Russland die Ukraine an. Dariia flüchtet 12 Stunden im Auto nach Wien. Ihr erster Weg führt sie zur Frauenärztin. Der Frucht ihres Leibes geht es gut. Jetzt lebt sie in Sicherheit in Österreich und wünscht sich eine gute Zukunft für sich und ihre Tochter Anna. Sie hat das Kind Anna getauft, denn diesen Namen gibt es hier wie dort.
Dariias Geschichte erinnert an eine biblische Geschichte. Es geschah, als eine andere junge Frau schwanger war. Auch Maria war schwanger in Kriegs- und Besatzungszeiten. Von ihr ist ein Gebet überliefert, das Magnificat. Maria hat schon vor der Geburt ein Lied auf ihr Kind gesungen und gebetet:
„Von ganzem Herzen preise ich den Herrn. Er, der Mächtige, hat Großes an mir getan. Mit starkem Arm hat er seine Macht bewiesen; er hat die in alle Winde zerstreut, deren Gesinnung stolz und hochmütig ist. Er hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Geringen empor gehoben. Den Hungrigen hat er die Hände mit Gutem gefüllt, und die Reichen hat er mit leeren Händen fortgeschickt.“
Maria betet mitten in der Not, als ob das alles schon geschehen wäre: der Krieg vorbei, die Besatzung am Ende, der Friede schon da. Voller Hoffnung und Zuversicht betet sie. Mögen Dariia und Anna in dieses Gebet einstimmen können und den Frieden bald erleben, vereint mit Annas Vater, der in der Ukraine bleiben musste.
(Bildnachweis: https://www.pixelio.de)