In Finsternis und Todesschatten

 
von Evangelischer Pressedienst

Michael Chalupka über die Frage nach Gott im menschlichen Leid

Im Schutt der Trümmer nach dem großen Beben, mitten im großen Entsetzen, da wird die Klage der Überlebenden laut. Der Schrei nach Hilfe, die Verzweiflung, die Trauer um die Opfer. Wer bislang religiös gelebt hat, in dem regt sich Wut über einen Gott, der das zulässt, oder aber der Ruf nach Beistand durch himmlische Kräfte. Die aus dem Leiden entspringende Gottesfrage kann nicht theoretisch beantwortet werden. Jede und jeder unschuldig Leidende kann mit Recht religiöse Erklärungen, warum er leiden muss, empört von sich weisen.

Im Leiden gibt es die Erfahrung, dass der allmächtig gedachte Gott abwesend ist. Es gibt aber auch die Erfahrung, dass Gott an der Seite der Opfer steht. Unser Leiden ist auch sein Leiden, unsere Trauer ist auch seine Trauer, unsere Schmerzen sind auch seine Schmerzen. Als Caterina von Siena einst aufschrie: „Mein Gott, wo warst du, als mein Herz in Finsternis und Todesschatten war?“, hörte sie die Antwort: „Meine Tochter, hast du es nicht gespürt? Ich war in deinem Herzen.“

Solche Erfahrungen können gemacht werden, können ein Trost sein, sie müssen es aber nicht. Was aber sein muss, ist die Hilfe, die Menschen einander geben können. Wir sehen, wie Nachbarn und Angehörige mit bloßen Händen nach Überlebenden suchen. Wir sehen die Not derer, die ohnehin im Krieg leben mussten. Hilfe tut Not. Da sind alle gefordert, alle, die kein Herz aus Stein in ihrer Brust haben.

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