Wie das Christkind katholisch und Santa Claus evangelisch wurde
Julia Schnizlein zur Geschichte weihnachtlicher Gabenbringer
Wussten Sie, dass „das Christkind“ ursprünglich mal evangelisch war? Und der Weihnachtsmann, der heute vor allem in evangelischen Gegenden empfangen wird, hatte wiederum seine Ursprünge im Heiligen Nikolaus. Und den wollte der Reformator Martin Luther eigentlich abschaffen.
Im 16. Jahrhundert gab es am Heiligen Abend nämlich keine Geschenke. Stattdessen war es üblich, dass der Nikolaus am 6.12. Gaben brachte. Das führte zu einer großen Verehrung für den Heiligen Nikolaus, und die war Luther – ebenso wie die Heiligen grundsätzlich – ein Dorn im Auge. Also schaffte er den Nikolaus als Gabenbringer ab, legte den Focus auf das Christfest und führte das Christkind ein.
Lange kam das Christkind aber nur zu evangelischen Familien, während die Katholischen am 6. Dezember als Bescherungstag festhielten. Doch im Laufe der Zeit fand das Christkind seinen Weg auch in immer mehr katholische Wohnzimmer, ebenso wie Adventkranz und Weihnachtsbaum – die ebenfalls ursprünglich evangelische Traditionen waren.
Mitte des 19. Jahrhunderts geschah unterdessen die Metamorphose vom Nikolaus zum Weihnachtsmann. Zusammengesetzt aus den Stiefeln, dem Sack und der Rute des Knecht Ruprecht, einem langen weißen Bart aus der kindlichen Gottvater-Vorstellung sowie dem roten Bischofsornat und der Schenkerfunktion des Nikolaus, entstand der typische Weihnachtsmann. Heute sucht er vorwiegend protestantische Regionen in Mittel-, Nord und Ostdeutschland auf.
Ob Christkind oder Weihnachtsmann – mindestens einer von beiden gehört bis heute zur Weihnachtszeit dazu. Selbst in Familien, die kaum Kirchenbezug haben. Die Figuren verkörpern eine Sehnsucht, die ganz tief im Menschen steckt. Es ist die Sehnsucht nach einem himmlischen Wesen, das Licht in das Dunkel der Welt bringen will. Das den Menschen Gutes will, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Ein Wesen, das unsere geregelte Welt durchbricht und uns empfänglich macht für den Gedanken, dass mehr möglich ist, als wir sehen und denken können.
Dieses Wesen, dieses Christkind, kam vor 2000 Jahren in einer Notunterkunft in Bethlehem zur Welt. Nicht als blondgelockter Engel, sondern als jüdisch-orientalisches Baby. Es war Gott in Menschengestalt.