Ökumenische Sommerakademie: „Salz der Erde“ in einer säkularisierten Welt

 
von Evangelischer Pressedienst

Krömer verweist bei Podiumsdiskussion auf Kehrseiten der rechtlich garantierten Gleichbehandlung

Linz (epdÖ) – Mit der Frage, wie Christinnen und Christen in einer säkular gewordenen Gesellschaft „Salz der Erde“ sein können, beschäftigte sich vom 12. bis 14. Juli die diesjährige Ökumenische Sommerakademie im Stift Kremsmünster. Der jesuanische Auftrag aus der Bergpredigt an die Gläubigen, als inspirierendes „Salz der Erde“ zu wirken, stelle heute die christlichen Kirchen vor existenzielle Herausforderungen, so die Veranstalter. In einzelnen Staaten ebenso wie für die Europäische Union insgesamt gelte: Die traditionellen Privilegien der Kirchen im Rechtssystem werden zunehmend eingeschränkt oder ganz abgeschafft.

Die Veranstaltung endete mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zum Thema „Christentum und Europa“. Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass das Verhältnis von Christentum und Europa keineswegs friktionsfrei sei, sondern vielmehr wie eine Dauerbaustelle erscheint. An der Diskussion nahmen der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic, der emeritiere EU-Kommissar und Präsident des Europäischen Forums Alpbach Franz Fischler, der ehemalige Präsident der evangelischen Synode, Peter Krömer, und der römisch-katholische Erzbischof von Belgrad und Vizepräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Ladislaw Nemet, teil.

Auf Kehrseiten der rechtlich garantierten Gleichbehandlung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht machte Peter Krömer aufmerksam: Diese greife zum Teil in die innersten Bereiche der kirchlichen Institutionen ein und erschwere christlich geprägtes Wirken. Mit Beispielen aus der Praxis belegte er seine Wahrnehmung, dass man bei „Christentum und Europa“ nicht mehr von einem friktionsfreien Verhältnis sprechen könne.

So verwies Krömer etwa auf die sogenannte Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, erlassen im Jahr 2000 vom Rat der Europäischen Union. Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf. Diese führe in der Praxis oft dazu, dass etwa in Pfarrgemeinden Personen anderer Religionen oder Atheisten arbeiten würden. „Wie die Kirchen Licht der Welt und Salz der Erde sein können, wenn in ihren Pfarrämtern nicht die Angehörigen ihrer eigenen Konfession sitzen, ist mir ein Rätsel“, kritisierte Krömer.

Karfreitag: Massiver Eingriff in das gottesdienstliche Leben

Auch die sogenannte Karfreitags-Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2019 habe ihre Rechtsgrundlage in der Gleichbehandlungsrichtlinie. In diesem Erkenntnis habe der EuGH festgestellt, dass die Einführung eines Karfreitags für Evangelische, Methodisten und Altkatholiken die Angehörigen anderer Kirchen oder Religionsgesellschaften oder Konfessionslosen diskriminiert. Als Konsequenz können viele Evangelische die früher wichtigen Vormittagsgottesdienste am Karfreitag nicht mehr besuchen. „Es wird sohin diesbezüglich massiv in das gottesdienstliche Leben einer Kirche eingegriffen, die in diesem Bereich nicht mehr Salz der Erde und Licht der Welt so ohne weiteres sein kann“, bringt es der ehemalige Synodenpräsident auf den Punkt.

Ein weiterer Problemkreis stellt für ihn der unionsrechtliche Datenschutz im Zusammenhang mit der Krankenseelsorge dar. Durch die EU-Datenschutz-Grundverordnung von 2018 werden personenbezogene Daten mit Verweisen auf die religiöse oder weltanschauliche Überzeugung nicht mehr an die Seelsorge weitergegeben. Unter Berufung darauf, so Krömer, „ist die evangelische Krankenhausseelsorge, aber auch die Krankenhausseelsorge aller anderen Minderheitskirchen – gesamtösterreichisch gesehen – zusammengebrochen“.

Wichtiger Beitrag von Christinnen und Christen für eine europäische Seele

Franz Fischler zeigte in einem Durchgang durch die Geschichte der EU, wie sich diese aus der fast ausschließlichen Fixierung auf wirtschaftliche Integration zur Suche nach einer europäischen Identität, ja einer europäischen Seele entwickelte, zu der Christinnen und Christen mit ihrem auch ganz persönlichen Handeln einen wichtigen Beitrag leisten können. Erzbischof Nemet stellte die Arbeit und die Initiativen der CCEE in Bezug auf Ökumene und interreligiöse Dialoge vor und rückte dabei drei Themen ins Zentrum: das stete Festhalten am Dialog in Europa und darüber hinaus, die Frage der Diskriminierung von Frauen in der Gesellschaft wie auch in den Kirchen sowie das gemeinsame Eintreten dafür, dass die Welt bewohnbar bleibe.

Bischof Cilerdzic schließlich umriss das gewandelte Verhältnis des Projekts der Ökumene zu Säkularisierung und Modernisierung und erinnerte daran, dass deren (west-)europäische Formen nicht umstandslos als globales Phänomen zu betrachten seien. Nicht zuletzt im ökumenischen Dialog zeige sich, dass die Kirchen ihre Verantwortung innerhalb der Zivilgesellschaft annehmen – und mit christlichen Impulsen bewusst für ein besseres Zusammenleben wirken.

Die Ökumenische Sommerakademie ist eine Veranstaltung der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz, des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, des Evangelischen Bildungswerks Oberösterreich, der Kirchenzeitung der Diözese Linz, des Stiftes Kremsmünster, der Religionsabteilung des ORF und des Landes Oberösterreich.

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