Pfarrgemeinden leisten wertvolle Integrationsarbeit

Oberkirchenrat Schiefermair kritisiert „absurde“ Glaubensprüfungen im Asylverfahren

 
von Evangelischer Pressedienst
Oberkirchenrat Karl Schiefermair: „Ich weiß, dass auch im Diakonie Flüchtlingsdienst die Zahl der Ehrenamtlichen eher steigt als fällt.“ Foto: epd/M. Uschmann
Oberkirchenrat Karl Schiefermair: „Ich weiß, dass auch im Diakonie Flüchtlingsdienst die Zahl der Ehrenamtlichen eher steigt als fällt.“ Foto: epd/M. Uschmann

Oberkirchenrat Schiefermair kritisiert „absurde“ Glaubensprüfungen im Asylverfahren

Wien (epdÖ) – Auf die „wertvolle Integrationsarbeit“ durch Pfarrgemeinden, die Flüchtlinge betreuen, hat der evangelische Oberkirchenrat Karl Schiefermair hingewiesen. Hier geschähen „enorm wichtige integrative Leistungen in beide Richtungen“, sagt das Mitglied der Kirchenleitung im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. In zahlreichen evangelischen Pfarrgemeinden gebe es vielfältige Aktivitäten für die Integration von Flüchtlingen, die von der Öffentlichkeit weitgehend „nicht bemerkt und auch nicht gewürdigt“ werden. Dass sich das Klima gegenüber Menschen auf der Flucht seit 2015 verschlechtert habe, kann Schiefermair, der in der Kirchenleitung unter anderem für das Ressort Diakonie zuständig ist, nicht bestätigen. Im Gegenteil: „Ich weiß, dass auch im Diakonie Flüchtlingsdienst die Zahl der Ehrenamtlichen eher steigt als fällt.“

Deutliche Kritik übt der Oberkirchenrat an den „Glaubensprüfungen“ bei den Interviews im Asylverfahren. Diese würden „immer absurder“. Fragen, die dort gestellt werden, könnten „90 Prozent der österreichischen Evangelischen nicht beantworten“, ist Schiefermair überzeugt. Gefragt werde z.B. nach den Unterschieden von Evangelisch A.B. und H.B., nach den Namen der Jünger, was man unter „Dreifaltigkeit“ verstehe, seit wann in der Evangelischen Kirche in Österreich Frauen ordiniert würden oder auch wie viele Sakramente es in der Freikirche (sic) gebe. „Hier ist ein Stadium erreicht, das uns Sorge macht“, sagt Schiefermair. So würden etwa immer wieder Asylanträge wegen mangelnden Wissensstandes abgelehnt und eine Scheinkonversion unterstellt. Die Frage über die Rechtmäßigkeit der Taufe habe die Kirche zu entscheiden und nicht der Staat, denn „jeder Pfarrer und jede Pfarrerin hat die seelsorgerliche Verantwortung, die Ernsthaftigkeit des Taufwillens zu prüfen und zu bestätigen“.

In den letzten Wochen hat die Evangelisch-lutherische Kirche in einer Online-Umfrage erhoben, wie viele Pfarrgemeinden mit Asylberechtigten bzw. Asylwerbern als Taufwerber konfrontiert sind. 128 Pfarrgemeinden haben sich an der Umfrage beteiligt, in 76 davon sind Asylwerber bzw. Asylberechtigte als Gemeindeglieder oder Taufwerber ein Thema. Insgesamt berichten die Pfarrgemeinden von rund 780 Asylwerbern bzw. Asylberechtigten, rund zwei Drittel davon sind bereits getauft, ungefähr ein Drittel sind Taufwerber, die den einjährigen Taufunterricht erhalten. Österreichweit wurden nach dieser Umfrage heuer 209 Asylwerber bzw. Asylberechtigte getauft.

In den Pfarrgemeinden selbst komme es durch die Integration von Menschen auf der Flucht zur „Erneuerung und Ergänzung der Kerngemeinde“, beobachtet Schiefermair. Gleichzeitig wirke sich dies auch auf die Gestaltung von Gottesdiensten aus, wenn Lesungen z.B. auch in Farsi gehalten würden. Manche Gottesdienste würden durch die neue Situation auch „offener und verständlicher“. Die neuen Gemeindeglieder bzw. Taufwerber beteiligen sich am Gemeindeleben, helfen bei der Gestaltung von Festen oder etwa Flohmärkten mit und engagieren sich bei verschiedenen Aktivitäten im Gemeindeleben, in der Jugendarbeit ebenso wie in der Netzwerkarbeit für andere Flüchtlinge. „Es ist beeindruckend, in welcher Fülle und Breite hier Integrationsarbeit passiert“, betont Schiefermair.

Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen in den Pfarrgemeinden beim Dolmetschen, bei der Begleitung zu Gerichtsterminen, beim Deutschunterricht, bei der Suche nach Wohnraum oder im sozialen Bereich. Als massives Problem würden die Umquartierungen erlebt, wenn bereits integrierte Flüchtlinge in andere Städte oder Bundesländer verlegt werden bzw. aus eigener Entscheidung dorthin ziehen und so aus der gewohnten Betreuung herausfallen.

Mehr Austausch und Vernetzung zwischen den Pfarrgemeinden, die Menschen auf der Flucht betreuen, soll nun ein Studientag bringen, der im März in Wien stattfinden wird.

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