Nach 30 Jahren als Synodenpräsident: Peter Krömer zieht Bilanz

 
von Evangelischer Pressedienst

„Meine Motivation ist eine geistliche“

Wien (epdÖ) – Nach über 30 Jahren als Präsident der Evangelischen Synode A.B. und der Generalsynode (Evangelische Kirche A.u.H.B), legt der St. Pöltner Rechtsanwalt Peter Krömer mit Anfang Juli dieses Ehrenamt zurück. Den Schritt hatte der 73-Jährige schon vor längerem angekündigt, um noch vor Ende seiner fünften Amtsperiode einen geordneten Übergang zu ermöglichen. Am Donnerstag, 29. Juni, wird seine Nachfolgerin bzw. sein Nachfolger im Rahmen der Synode A.B. in Wien gewählt.

Bereits ab 1971 war Peter Krömer in kirchlichen Funktionen tätig. Zunächst bei der Evangelischen Jugend, später als Mitglied in der Superintendentialversammlung Niederösterreich. Seit 1976 wirkt er in der Gemeindevertretung und im Presbyterium der Gemeinde St. Pölten mit. Im März 1984 wurde Krömer das erste Mal in die Synode als Delegierter Niederösterreichs gewählt, im November 1992 das erste Mal zum Präsidenten. „Ich habe mich nie in dieses Amt gedrängt“, blickt er im Gespräch mit dem epd zurück. „Es war 1992 für mich eher eine Überraschung. Ich glaube, dass ich seither einen Beitrag für meine Kirche aus geistlicher Sicht leisten kann.“ Die Motivation für sein Mitgestalten ist eine geistliche. Seine Herkunftsfamilie komme aus der „frommen Ecke“, wie er erzählt, der Pietismus seiner Mutter habe ihn geprägt.

„Die Gaben einsetzen, die man geschenkt bekommen hat“

Ein Vers aus dem Petrusbrief ist für ihn und sein kirchliches Engagement prägend, eine Bibelstelle, die er auch anderen Ehrenamtlichen mitgeben möchte: „Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes.“ Krömer ist der Meinung, „wenn man sich als Christ bekennt, dann soll man sich mit den geistlichen und natürlichen Gaben, die man geschenkt bekommen hat, einsetzen“.

Peter Krömer über seine Motivation das Amt des Synodenpräsidenten auszuüben:

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Beim Rückblick auf seine über 30-jährige Zeit als Synodenpräsident erinnert Krömer an kirchliche sowie gesellschaftliche Veränderungen und verweist auf einige wegweisende Entscheidungen. Auf die Frage, was ihm als Synodenpräsident gelungen sei, antwortet er, „das sollen Kirchenhistoriker beurteilen“. Er selbst freue sich jedenfalls etwa über die Einführung des neuen Evangelischen Gesangbuches Mitte der 1990er-Jahre, „eine meiner ersten schwierigen Aufgaben“. Dieses präge immerhin das gottesdienstliche Leben entscheidend mit, genauso wie die seinerzeitige Einführung des „Kinderoffenen Abendmahls“. Nach diesbezüglich anfänglichen heftigen Diskussionen in der Synode sei es heute nicht mehr vorstellbar, Abendmahl ohne Kinder zu feiern. Ebenfalls positiv sieht er die Einbindung ins kirchliche Leben von Menschen auf der Flucht, die zum Christentum und evangelischen Glauben konvertieren. In vielen Pfarrgemeinden sei durch Migration eine positive Bewegung eingetreten. Überhaupt befassten sich die meisten Resolutionen, die von der Synode A.B. und Generalsynode unter seiner Amtszeit gefasst wurden, mit Fremden- und Flüchtlingsfragen, resümiert der Langzeitpräsident.

Peter Krömer über das kinderoffene Abendmahl:

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Sorge bereitet Krömer, „dass unsere Evangelische Kirche in den letzten 30 Jahren deutlich kleiner geworden ist“. Der Grund dafür seien einerseits mehr Sterbefälle als Taufen sowie mehr Kirchenaustritte als -eintritte. Dieses Schrumpfen sei aber auch darauf zurückzuführen, dass nach ökumenischen Trauungen „wesentlich mehr Evangelische ihre Kinder römisch-katholisch taufen haben lassen“. Anlass dafür seien oft ganz praktische Gründe wie Unterschiede beim Stundenplan des jeweiligen Religionsunterrichts. Was die Ökumene betrifft zieht Krömer grundsätzlich ein positives Resümee. In vielen Regionen gehöre es „zur guten Tradition“, dass verschiedenste evangelische Pfarrgemeinden mit anderen Konfessionen einige Male im Jahr ökumenische Gottesdienste feiern. Positiv bewertet der scheidende Synodenpräsident auch, dass unter seiner Zeit die Römisch-katholische Kirche als Vollmitglied dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich beigetreten ist. „Was auch interessant ist: Die gemeinsame Unterstützung von Römisch-katholisch und Evangelisch hat es letztlich ermöglicht, dass die Freikirchen in Österreich gesetzlich anerkannte Kirche geworden sind“, unterstreicht Krömer das gute ökumenische Miteinander.

Nach wie vor spannungsvoll sieht Krömer das Thema der Segnung von gleichgeschlechtlichen Ehepaaren in der lutherischen Kirche. Das dürfe nicht bagatellisiert werden, „wobei sich auch manches schon etwas geglättet hat“. 2019 hatte die Synode A.B. nach langer Debatte einen Kompromiss gefunden, wonach die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren in einem öffentlichen Gottesdienst möglich wurde.

Im Rückblick verweist Krömer auch auf verschiedene innerkirchliche Prozesse seit der Jahrtausendwende, wie etwa die Organisationsentwicklung „Offen Evangelisch“. Etliche Reformen wurden in der Kirchenverfassung durchgeführt, auch die Eingliederung der Pfarrerinnen und Pfarrer in das staatliche Pensionssystem sei ein wichtiger und wesentlicher Schritt in seiner Amtszeit gewesen.

Die gesamte kirchliche Bandbreite kennengelernt

„Ich habe natürlich in der Zwischenzeit zu allen möglichen theologischen Richtungen in der Kirche gute Kontakte“, betont der derzeit dienstälteste Synodale. Nicht nur in Österreich selbst, auch durch internationale Versammlungen habe er die gesamte theologische Bandbreite kennengelernt. „Manches Vorurteil, manche Vorsicht, die man hatte, legt man natürlich dann ab“, spricht sich Krömer für einen weiteren Blick aus. „Und Sie lernen natürlich theologisch auch dazu, weil Sie sich mit manchen Dingen auseinandersetzen und beschäftigen müssen.“

Peter Krömer über die theologische Bandbreite in den Kirchen:

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Als Anwalt hat sich Krömer mit verschiedenen religionsrechtlichen Fragen beschäftigt, von 1999 bis 2018 hatte er in einer Arbeitsgruppe der Konferenz Europäischer Kirchen für Menschenrechte und Religionsfreiheit mitgearbeitet. „Nach wie vor schmerzlich ist der Karfreitag“, erinnert er an dessen Abschaffung als gesetzlichen Feiertag für Evangelische und Altkatholiken in Österreich. Kritisch äußert sich der Jurist auch zu manchen negativen Konsequenzen des Diskriminierungsverbotes. So werde von staatlichen Stellen mitunter verlangt, dass man als Kirche bei der Ausschreibung für das Sekretariat einer Pfarrgemeinde oder den Dienst als Küster bzw. Küsterin nicht mehr verlangen dürfe, dass die Person evangelisch sei, was die Arbeit in der Praxis oft erschwere. Dagegen sei Krömer immer wieder aufgetreten, denn „Kirche ist kein neutraler Betrieb“, bringt es der Rechtsanwalt auf den Punkt.

Auch die von der DSGVO massiv betroffene Krankenhausseelsorge sei für ihn ein „zutiefst frustrierendes“ Thema. Seit Einführung der Datenschutzgrundverordnung werden die Daten evangelischer Patientinnen und Patienten nicht mehr an die Seelsorge weitergegeben, was eine Betreuung oft verhindere. „All diesen Dingen sind wir jetzt vermehrt ausgesetzt, man wird in diesem Bereich der Religionsfreiheit einiges erkämpfen müssen“, erwartet Krömer.

Am 29. Juni wird Krömers Nachfolgerin bzw. Nachfolger gewählt, zunächst bis Ende der laufenden Periode im Dezember 2023. Welchen Ratschlag hat er für seine Nachfolgerin, für seinen Nachfolger? „Das kommt auf die gewählte Person an“, sagt Krömer. Er kenne alle kandidierenden Personen und sei bereit, hier Wissen und Erfahrungen weiterzugeben. Für das Amt des Synodenpräsidenten bzw. der Synodenpräsidentin sieht er durchaus Gestaltungsspielraum, „aber ich halte mich mit generellen Empfehlungen zurück“.

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