Moser: Sozialhilfe für Ukraine-Flüchtlinge ist „Gebot der Stunde“

 
von Evangelischer Pressedienst

Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Diakonie fordert „Integrationsoffensive“ und Möglichkeit dauerhaften Aufenthalts

Wien (epdÖ) – Anlässlich des bevorstehenden Jahrestages des Kriegsbeginns in der Ukraine berichteten Diakonie-Expertinnen im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag, 14. Februar, im Albert Schweitzer Haus in Wien-Alsergrund über die Arbeit in der Ukraine und in Österreich. Dabei unterstrichen sie die Forderung der Diakonie eines Ukrainer*innen-Gesetzes für Ukraine-Vertriebene in Österreich, das Vertriebenen langfristig Bleibe- und Integrationsmöglichkeiten eröffnet und an das Bosniergesetz von 1997 erinnert: „Wir haben eine ähnliche Situation wie Ende der 1990er Jahre“, sagte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. „Damals hat Österreich den Kriegsflüchtlingen mit dem so genannten Bosnier-Gesetz Bleibeaussichten geboten. Das war sehr wertvoll, nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Österreich. Es hat die Voraussetzungen für Integration geschaffen, und die Integration war höchst erfolgreich.“

Nach einem Jahr Krieg gegen die Ukraine leben aktuell rund 60.000 Menschen mit einem – befristeten – Vertriebenenstatus in Österreich. Das Ukrainer*innen-Gesetz soll eine „Integrationsoffensive“ und die Möglichkeit eines dauerhaften Aufenthalts für Menschen aus der Ukraine regeln.

„Das Einfachste wäre eine Angleichung des Status der Ukraine-Vertriebenen an jenen anerkannter Flüchtlinge. So wäre am besten abgesichert, was es für ein selbständiges Leben in Österreich braucht: ein dauerhaftes Bleiberecht, Existenzsicherung, Zugang zu Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, Bildung und Arbeit“, erklärte Moser. Das Mindeste aber sei, die Ukraine-Vertriebenen aus der so genannten Grundversorgung in die Sozialhilfe zu überführen, wie es in anderen europäischen Ländern bereits der Fall sei. „Es ist ein Gebot der Stunde, das endlich auch in Österreich zu tun“, forderte Moser. Die Grundversorgung sei häufig ein „Hemmschuh“, eine Erwerbsarbeit auszuüben. Sozialhilfe hingegen würde den Betroffenen Existenzsicherung und ein Hineinwachsen in die Gesellschaft ermöglichen.

Besonders zu berücksichtigen seien pflegebedürftige Menschen sowie Personen mit chronischen Erkrankungen. Hier sei eine Absicherung in Form von Pflegegeld vonnöten, damit die Menschen langfristig mit Vulnerabilität und Behinderung leben können, so Moser.

Erforderlich sei auch die längerfristige Begleitung durch Kinderpsycholog*innen, um Kriegstraumata zu verarbeiten und die betroffenen Kinder zu „stabilisieren“, betonte Claudia Lui, Leiterin der Ukraine Beratungsstelle der Diakonie in Wien. Der anfängliche „Hype“ bei der Hilfe von geflüchteten Menschen aus der Ukraine sei nach einem Jahr „abgeflacht“, auch die Spenden von privaten Wohnraum-Kapazitäten kämen an ein Ende. So hätten viele private Quartiergeber mittlerweile selbst Schwierigkeiten, die hohen Nebenkosten etwa bei Energie zu finanzieren. „Am Anfang waren wir im Hilfemodus, jetzt müssen wir in einen Integrationsmodus kommen“, unterstrich Lui.

„In der Ukraine bestimmen Fliegeralarm und Beschuss den Alltag. In vielen Dörfern haben russische Soldaten mit Panzern Brunnen zerstört, und manche Gebiete sind extrem dicht vermint“, sagte Imke Hansen, Expertin für psychische Gesundheit und Krieg. „Die Menschen leiden unter einer enormen Zerstörung der Infrastruktur. Viele Menschen sind Binnenflüchtlinge in Zentral- und der Westukraine, wo die Infrastruktur bereits überlastet ist“, so Hansen. Die meisten Menschen in der Ukraine seien allerdings darum bemüht, im Land zu bleiben. Umso wichtiger sei es Hansen zufolge, den Ukrainer*innen das Gefühl zu geben, dass sie von Europa nicht allein gelassen werden.

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