Mitgemeint?

 
von Evangelischer Pressedienst

Maria Katharina Moser über lange Zeit vergessene Apostelinnen

Männer sind mitgemeint, meint die Justizministerin und legt ein ausschließlich in grammatikalisch weiblicher Form formuliertes Gesetz vor. Die Debatten-Wogen gehen hoch. Interessant, denke ich mir, denn etwas Neues ist dieser Vorstoß im Grunde genommen nicht. Die Justizministerin dreht lediglich den Spieß um. In fast jedem Gesetz sei es umgekehrt, heißt es aus dem Ministerium, es würde die männliche Form verwendet und erklärt, wer „mitgemeint“ sei. Warum also jetzt die Aufregung, wo es doch normal zu sein scheint, dass manche explizit gemeint und andere mitgemeint sind?

Wer einen Blick in die Kirchengeschichte wirft, kann einiges lernen zum Thema „mitgemeint“. Im Altgriechischen, der Originalsprache des Neuen Testaments, wird ein grammatikalisch männliches Wort auch für Frauen verwendet. Wenn die Bibel also von Aposteln spricht, sind Apostelinnen mitgemeint. Über die Jahrhunderte wurde jedoch vergessen, dass Frauen Apostelinnen waren. Vergessen, dass Maria Magdalena den Ehrentitel „Apostula apostulorum“, Apostelin der Apostel trug. Vergessen, dass Frauen wie die Diakonin und Gemeindevorsteherin Phöbe von Kenchreä den anderen Jüngern gleichgestellt waren und Gemeinden geleitet haben. Mühsam mussten das feministische Theologinnen ab den 1970iger Jahren wieder ausgraben und nachweisen.

Besonders wichtig dabei die Arbeit der Theologin Bernadette Brooten. Sie hat einen Vers aus dem Brief des Apostel Paulus an die Römer untersucht. Paulus lässt zwei Personen, die „berühmt sind unter den Aposteln“, grüßen: Andronikus und – ja, und wen? Junias, wurde lange übersetzt. Bernadette Brooten hat nachgewiesen, dass dieser Junias eine Junia war. Sie hat alte Kommentare studiert und über 500 antike Grabinschriften. Und kam zu dem Ergebnis: Der Frauenname Junia ist vielfach belegt, war damals ein häufiger Name wie heute und hierzulande Marie oder Anna. Einen Männernamen Junias hingegen gab es nicht. Und bei den frühen Kommentatoren der Bibel war auch klar, dass es sich bei der prominenten Person, die Paulus grüßen lässt, um eine Junia handelt. Wie also wurde Junia in späteren Bibelübersetzungen zu einem Junias? Weil Paulus Apostel grüßt, und Apostel sind Männer. Steht ja so da: Apostel. Ohne -innen.

Wir lernen: Wenn wir jemanden meinen, ist es wichtig, das auch auszusprechen. Die Gemeinten anzusprechen. Mitgemeint zu sein und unsichtbar zu bleiben, ist diskriminierend. Deswegen gehen auch die Wellen der Empörung hoch, wenn der Spieß umgedreht und ein Gesetz in rein weiblicher Form formuliert wird.

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