Menschwerdung

 
von Evangelischer Pressedienst

Maria Katharina Moser über die in Krippen sichtbare Weihnachtsbotschaft

Seit Kindertagen gehört die Krippe zu den Dingen, die ich besonders liebe an Weihnachten. Als Kleinkind bin ich andächtig davor gestanden, hab mich kaum getraut, die Figuren anzugreifen, um nur ja nichts kaputt zu machen. Nicht minder andächtig bin ich als Volksschul- und Unterstufenkind neben meinem Opa gestanden, wenn er im Advent eine Krippe gebastelt hat.

Es waren ganz verschiedene Krippen, die mein Opa gebastelt hat, jedes Jahr eine andere: die Geburtsszene unter eine Wurzel, in einer Felshöhle, auf einem alpinen Bauernhof, auch eine so genannte „orientalische Krippe“ war dabei. Eine seiner Krippen habe ich geerbt. Eine Kastenkrippe. Im Hintergrund die Mauern der Stadt, sieht man in meiner Kastenkrippe gut, wo die Geburtsszene spielt: auf dem Felde bei den Hirten, die des Nachts ihre Herde hüten. Nicht im Zentrum der Macht, sondern am Rand.

Mittlerweile habe ich eine kleine Sammlung an Weihnachtskrippen. In meiner philippinischen Krippe, die aus Bambus gemacht ist, sind die Hirten gekleidet wie Reisbauern und reiten auf einem Karabaw, einem Wasserbüffel, zum neu geborenen Heiland. Aus Ghana habe ich eine Krippe mitgebracht, die aus dunklem Holz geschnitzt ist und in der Jesus in einer Lehmhütte zur Welt kommt. Schlicht ist eine Krippe aus Tschechien, die mir eine Freundin, die dort aufgewachsen ist, geschenkt hat: drei bemalte Holzklötzchen, das Jesuskind, Josef und Maria, die eine Lilie in Händen hält. In der christlichen Ikonografie ist die Lilie Symbol für Reinheit, aber auch für Herrschaft – Szepter hatten oft Lilienform. Die Lilie in Mariens Hand unterstreicht, wer hier geboren wird, vor den Toren der Stadt, bei den Randständigen: der „König aller Königreich“, wie es in einem bekannten Weihnachtslied heißt.

Überall auf der ganzen Welt, an unzähligen Orten, in unterschiedlichen Stilrichtungen, eingekleidet in verschiedene Alltags- und Festgewänder, setzt die Volkskunst durch die Jahrhunderte die Weihnachtsbotschaft ins Bild: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Ob auf einem philippinischen Reisfeld, in den Alpen oder einer Lehmhütte in Ghana: Gott wird Mensch. Theologen nennen das „Inkarnation“. Ein schwieriges Wort für eine einfache Sache, die doch ziemlich unglaublich, ja ungeheuerlich ist. Gott wird Mensch. Gott ist da, wo wir Menschen sind. In Zeiten von Krieg, Umweltzerstörung und Teuerung heißt das auch: in Luftschutzkellern, auf verdorrten Feldern und im Sozialmarkt.

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