Koran-Verbrennungen: Körtner erinnert an „dunkle Kapitel“ der Geschichte
Theologe übt in Kleiner Zeitung Kritik an islamfeindlichen Aktionen in Skandinavien
Graz (epdÖ) – In einem Gastbeitrag in der Kleinen Zeitung vom Sonntag, 6. August, nimmt der evangelische Theologe Ulrich Körtner kritisch Bezug auf die jüngsten Verbrennungen von Exemplaren des Koran in Skandinavien. „Koranverbrennungen und -schändungen in Schweden und Dänemark sorgen weltweit für Empörung, nicht nur in der islamischen Welt“, schreibt der Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Auch Vertreter der Kirchen hätten scharfe Kritik geübt, gehe es bei den Aktionen „doch ausschließlich um die Herabwürdigung und Verunglimpfung einer Religion und ihrer Gläubigen“, welche dem Geist des Evangeliums widerspreche.
Die Meinungsfreiheit sei „ein hohes Gut“. Allerdings: Wie weit sie gehen darf, ist letztlich eine Frage der Moral und des Respekts gegenüber den anderen“, bekräftigt Körtner. Derartige Aktionen wie in Schweden und Dänemark seien geeignet, den „gesellschaftlichen Frieden und ein friedliches Miteinander der verschiedenen Religionsgemeinschaften zu gefährden“, ist Körtner überzeugt. Zudem würden diese Aktionen sicherheitspolitisch eine Gefahr darstellen. „Kein Wunder, dass man nun in Schweden darüber nachdenkt, die Grenzen der Meinungsfreiheit enger als bisher zu ziehen“, unterstreicht Körtner.
Das Verbrennen heiliger Schriften wie jener des Islam sei nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine moralische Frage und darüber hinaus eine Glaubensfrage. „Bücher zu verbrennen, ganz gleich, ob es sich um Schriften handelt, die in einer Religion als heilig verehrt werden oder nicht, ist eine brutale Handlungsweise, die an die Barbarei des Nationalsozialismus erinnert“, betont der Theologe. „Erst brannten die Bücher verfemter Autoren, dann wurden diese selbst verfolgt, vertrieben oder in den Vernichtungslagern umgebracht“, so Körtner, der schließlich auch auf die „dunklen Kapiteln der Christentumsgeschichte“ verweist.
Zum „kollektiven Gedächtnis“ der in der Gegenreformation verfolgten Protestanten in Österreich gehöre, dass bereits der Besitz reformatorischer Schriften verboten war. „Auch hier blieb es nicht nur bei der Vernichtung von Schriften, die als ketzerisch galten. Es wurden auch vermeintliche Ketzer selbst auf dem Scheiterhaufen verbrannt“, erinnert Körtner.