Klimaanwältin Krömer: „Schöpfung ist ein Geschenk, um das wir uns kümmern sollen“
Der christliche Glaube gibt ihr Halt bei der Klage gegen die Republik in Sachen Klimaschutz
St. Pölten (epdÖ) – Mit ihrer Ankündigung, gemeinsam mit zwölf Kindern die Republik Österreich auf Versäumnisse im Klimaschutz zu klagen, hat die Juristin Michaela Krömer österreichweit Aufmerksamkeit erlangt. Die Motivation für diesen Schritt ziehe sie auch aus ihrem christlichen Glauben, sagt die Rechtsanwältin im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung „Kirche bunt“ (aktuelle Ausgabe). „Ich meine, dass wir als Christ*innen eine Schöpfungsverantwortung haben. Die Schöpfung ist ein Geschenk, um das wir uns kümmern sollen.“
Michaela Krömer stammt aus einer St. Pöltner Juristenfamilie. Ihr Vater, Rechtsanwalt Peter Krömer, bekleidet seit 30 Jahren das Amt des Präsidenten der evangelischen Synode. „Wir haben die Freiheit bekommen, die Erde zu zerstören oder zu erhalten. Der christliche Glaube schenkt den Halt, dass man sich dieser Aufgabe stellt und die Verantwortung übernimmt“, so die evangelische Christin. „Ohne diesen Halt würde ich es psychisch sehr schwierig finden, mich immer wieder mit den wissenschaftlichen Fakten auseinanderzusetzen, ohne zu verzweifeln oder handlungsunfähig zu werden oder mich in die Öffentlichkeit zu stellen.“
Sie bekomme leider nicht nur positive Rückmeldungen, „das erfordert viel Kraft“, sagt Krömer. Das Thema sei aber zu wichtig, um sich davon zurückschrecken zu lassen. Jeder, der verstanden habe, worum es gehe, werde mit dieser Realität immer wieder hadern, „nämlich, dass wir inmitten einer Zerstörung leben“. Christinnen und Christen könnten aber aus der Zuversicht schöpfen, „dass die Zerstörung nicht das letzte Wort ist“, zeigt sich die Anwältin überzeugt.
Realität weder bei der Politik noch bei der Mehrheit der Bevölkerung angekommen
Es reiche nicht aus, „ein bisschen mehr Bäume pflanzen, ein bisschen mehr Fahrrad fahren und ein bisschen weniger Fleisch essen“, stellt Krömer klar. „Österreich ist nicht einmal ansatzweise auf dem Weg, die Pariser Klimaziele einzuhalten, auch nicht das Unter-2-Grad-Ziel.“ Die Lage sei dramatisch, doch die Realität sei weder bei der Politik noch bei der Mehrheit der Bevölkerung angekommen. Die Klimakrise bedeute eine Systemänderung, dafür müsse an vielen Schrauben gleichzeitig gedreht werden. Eine dieser Schrauben sei das Rechtssystem, ist die Juristin überzeugt: „Wir brauchen ein Rechtssystem, das zukunftsfit ist, das die Klimakrise, so gut es geht, minimiert und auf jeden Fall nicht aktiv anheizt“. Gerichtsverfahren seien eine erfolgversprechende Möglichkeit, Änderungen im Rechtssystem zu bewirken.
Verletzung der Kinderrechte durch das Nichterfüllen von Klimazielen
Die Kinder und Jugendlichen argumentieren auch, dass sie durch das Nichterfüllen von Klimazielen in ihren Kinderrechten verletzt würden, die im Verfassungsrang stehen, ebenso wie in ihrem verfassungsrechtlichen Recht auf Gleichheit, das eine gerechte Lastenverteilung beinhaltet. Dafür werde aktuell ein Antrag beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf Aufhebung von Teilen des Klimaschutzgesetzes vorbereitet. Der VfGH könne das Klimagesetz „reparieren“, erklärt Krömer.
Den Vorwurf, die Kinder würden mit solchen Klagen instrumentalisiert, weist Krömer zurück: „Man darf die Kinder da nicht unterschätzen! Jeder, der Kinder hat, weiß, dass sie ein starkes Sensorium haben“, ist sie überzeugt. „Und auch wenn sie Dinge nicht hundertprozentig verbalisieren und in der gesamten Konsequenz verstehen können, sie verstehen den Kern.“ Kinder wüssten bereits sehr früh, dass es der Erde aktuell nicht gut gehe. Krömers Appell: „Redet mit den Kindern und ihr werdet feststellen, dass sie beunruhigt darüber sind, was wir Erwachsenen tun.“