Klimaaktivistin Susan Nanduddu: „Teilen Sie Ihr Privileg!“
Online-Konferenz zur Klimagerechtigkeit machte dramatische Auswirkungen der Klimakrise auf den Globalen Süden deutlich
Wien (epdÖ) – Auf die lebensbedrohenden Auswirkungen des Klimawandels im Globalen Süden haben Expertinnen und Experten bei einer Online-Konferenz aufmerksam gemacht, zu der am Dienstagabend, 29. November, unter dem Titel „Klimagerechtigkeit. Was geht mich das an?“ der Kirchliche Kompensationsfonds „Klimakollekte“, die Dreikönigsaktion und das Klimaschutz-Ministerium eingeladen hatten. Unter den Co-Veranstalterinnen waren die Diakonie, „Horizont3000“, die Evangelische Kirche in Österreich, die Umweltbeauftragten der katholischen und der evangelischen Kirche, Brot für die Welt sowie die Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz (KOO).
„Als Kirchen und Individuen müssen wir Verantwortung übernehmen“, betonte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka in seinem Grußwort, das von Kirchenrätin Andrea Sölkner verlesen wurde. Klimagerechtigkeit betreffe alle. In der globalen Gemeinschaft der protestantischen Kirchen „fühlen wir uns verbunden als Schwestern und Brüder mit allen Menschen in der Welt“, erklärte der Bischof, der kurzfristig nicht persönlich an der Konferenz teilnehmen konnte. Die europäischen Kirchen müssten der Tatsache ins Auge blicken, dass sie zu jenem Teil der Welt mit dem höchsten Ressourcenverbrauch gehören, „die Klimakrise ist im Wesentlichen durch uns verursacht“, konstatierte der Bischof, deshalb brauche es Solidarität. Menschen im Globalen Süden müssten mit den schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise leben, obwohl sie am wenigsten dazu beigetragen haben: „Wir können sie nicht mit der Klimakrise alleine lassen und Klimagerechtigkeit verweigern“, so der Bischof.
Die extremen Wetterereignisse werden zunehmen, die Auswirkungen seien auf der ganzen Welt zu spüren, sagte Susan Nanduddu vom African Center for Trade and Development in Uganda. Am meisten gefährdet seien dabei „Hotspots“ in West-, Zentral- und Ostafrika, in Südasien sowie in Zentral- und Südamerika sowie kleine Inselstaaten. Millionen Menschen seien bereits jetzt vom unsicheren Zugang zu Nahrung und Wasser betroffen. Klimaextreme und der damit verbundene Rückgang in der Nahrungsmittelproduktion führten zu Mangelernährung. Bis 2050 rechnet Nanduddu weltweit mit 200 Millionen Klimaflüchtlingen. Denn die Verwundbarkeit durch die Klimakrise sei höher in Ländern mit hohen Armutsraten, häufigen Regierungswechseln und schlechter Infrastruktur.
Ost-Afrika: Schlimmste Dürre in der jüngeren Geschichte
Die Dürre, von der Ost-Afrika heuer betroffen ist, sei die schlimmste in der jüngeren Geschichte, schilderte Nanduddu. 16,7 Millionen Menschen seien mit akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert. In Uganda stelle die Dürre die größte Herausforderung in der Klimakrise dar, denn 70 Prozent der Einwohner*innen seien von der Landwirtschaft abhängig, sowohl bei ihrer eigenen Ernährung als auch beim Einkommen.
Beim Thema Klimagerechtigkeit sieht Nanduddu eine historische Verantwortung: Die G20 Mitgliedsländer seien verantwortlich für 75% der globalen Treibhausgasemissionen, Afrika für 4 Prozent. Die derzeitigen Bestrebungen führten ohne weitere Maßnahmen zu einer globalen Erwärmung um 2,8 Grad: „Wir brauchen hier mehr Ehrgeiz, vor allem in den entwickelten Ländern“, forderte Nanduddu. Dass die meiste Klimafinanzierung in Form von Krediten erfolge, sei „nicht gerecht“, außerdem bleibe der Zugang zur Finanzierung für viele Länder weiterhin schwierig.
An die international zusammengesetzte Runde der Teilnehmenden appellierte Nanduddu, sich für die „rasche Transformation der Gesellschaften“ einzusetzen, etwa indem Räume für beständigen Dialog und konstantes Lernen geschaffen werden, um rasch die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die anstehende Transformation zu beschleunigen. „Teilen Sie Ihr Privileg. Tragen Sie bei zum Klimaschutz im Globalen Süden mit Ihrer Zeit, Ihrem Geld und Ihrem Einfluss“, sagte Nanduddu. Dazu gehöre ein verantwortungsvolles Leben, „reduzieren, wiederverwenden und recyceln“.
„Es braucht den Willen etwas zu tun, auch wenn es kleine Schritte sind“, unterstrich Jesus Garcia-Latorre vom Klimaschutz-Minsterium. Die effektivste Form sieht er dabei in Projekten auf lokaler Ebene, die Partizipation ermöglichen. Garcia-Latorre ging auf die Situation in Paraguay ein, wo die Entwaldung enorme Ausmaße erreicht habe. Mit lokalen Projekten werde dort versucht, eine nachhaltige Landwirtschaft aufzubauen.
Auf das Gefälle zwischen den Generationen bei den Treibhausgasemissionen kam Valerie Peer von „Fridays for Future“ zu sprechen. „Die älteren Generationen haben eine Emissions-intensive Welt aufgebaut, die Hauptlast tragen die junge und künftige Generationen“, sagte Peer.
Über Klimafinanzierung sprach bei der Online-Konferenz Anja Appel von der Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz (KOO), während Ute Gigler den kirchlichen Kompensationsfonds „Klimakollekte“ vorstellte. Unvermeidbare Emissionen können hier berechnet und kompensiert werden. Die Klimakollekte fließt dann in Klimaschutz-Projekte für die lokale Bevölkerung in Ländern des Globalen Südens. Ein Projekt davon sind etwa energieeffiziente Öfen, die den CO2-Ausstoß reduzieren, gesundes Kochen ermöglichen und Kochstellen auf offenem Feuer in Innenräumen ersetzen. Durch diese Öfen werden beispielsweise in Uganda nicht nur die Kochbedingungen und damit die Gesundheit vor allem für Frauen verbessert, auch der Verbrauch von Feuerholz werde halbiert, erklärte Martina Luger von Horizont3000.
Zu sehen ist dieses Projekt von Horizont3000 und der Klima-Kollekte übrigens auch in der TV-Doku „CO2 als Handelsware – Lösung oder Irrweg?“ am Mittwoch, 30. November, um 20.15 Uhr auf 3SAT bzw. bis 30.12. in der Mediathek.