Keine Religion?
Michael Chalupka über das niederträchtige Morden im Namen eines Gottes
„Stell dir vor, es gäbe keine Länder mehr, das ist nicht schwer, nichts für das man töten oder sterben müsste, und auch keine Religion mehr. Stell dir vor, alle Menschen leben ihr Leben in Frieden“, so hat John Lennon gesungen, in einer Strophe von „Imagine“. Diese Textzeile ist vielen eingefallen angesichts des grauenvollen Terroranschlags der Hamas auf Israel und des dadurch ausgelösten Krieges, der das Leben zahlreicher Kinder, Frauen und Zivilpersonen fordert. Angesichts der Bilder kaltblütiger Schlächter und Geiselnehmer, die „ihren“ Gott anrufen, während sie entführte Opfer zur Schau stellen, ist der Wunsch nach einer Welt ohne Gewalt und ohne Religion verständlich.
Allzu oft haben Menschen im Namen eines Gottes gemordet. Sie haben ihren eigenen kleinen Popanz, ihre eigenen Ängste und Engstirnigkeit zu einem Götzen aufgebaut, sich selbst zu Göttern gemacht, die über andere richten und über Leben und Tod entscheiden. Eine solche rabiat gewordene, pseudoreligiöse Verbrämung der Niedertracht und Selbstüberschätzung braucht niemand.
Religionen aber, die darum wissen, dass das Leben ein heiliges Geschenk ist und der Mensch nicht das letzte Maß und Richter über Gut und Böse ist, werden umso dringender gebraucht. Die abrahamitischen Religionen, das Judentum, das Christentum und der Islam wissen darum, und müssen sich dagegen wehren, wenn der Name Gottes missbraucht wird.