Im Gespräch: „Welche Talente hast du?“

 
von Evangelischer Pressedienst
"Gott fordert nicht, dass Menschen perfekt sind, aber ihre Begabungen und Eigenschaften sollen sie nicht verkümmern lassen, sondern entwickeln, nützen und zur Entfaltung bringen." - So wie die Wiener Clownin Rossa, hier im Einsatz in der Weinberkirche.
"Gott fordert nicht, dass Menschen perfekt sind, aber ihre Begabungen und Eigenschaften sollen sie nicht verkümmern lassen, sondern entwickeln, nützen und zur Entfaltung bringen." - So wie die Wiener Clownin Rossa, hier im Einsatz in der Weinberkirche.

Ingrid Tschank über Begabungen und Verantwortung

Jeder Mensch kann irgendetwas besonders gut, schließlich hat jeder ein Talent, oder? „Ich kann kein Instrument spielen, bin keine gute Skifahrerin und Rechnen ist auch nicht meine Stärke“ erzählt mir Helga. „Aber ich kann mich gut in Menschen hineinversetzen, Mitgefühl gegenüber anderen aufbauen.“ Diese Fähigkeit hatte Helga lange nicht als Talent gesehen, andere haben sie darauf hingewiesen, heute ist sie eine gefragte Gesprächspartnerin. So geht es vielen Menschen, ihre Talente sind anfänglich verborgen und sie müssen sie erst entdecken und entfalten.

Die gute Nachricht lautet, dass es keine unbegabten Menschen gibt. Denn Begabung ist etwas sehr Vielfältiges: sprachliche und musikalische Begabung, mathematisches Talent, räumliche Intelligenz, sportliche und motorische Fähigkeiten, kreativ-bildnerische Begabung sowie sozial-emotionale Intelligenz. Letzteres spielt eine entscheidende Rolle für den Aufbau von Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein.

Unabhängig von der Schule sind es die Eltern, die für ihre Kinder als eine Art Talentscout fungieren. Aber Vorsicht: Persönliche Erfahrungen verstellen oft die Sicht, Hoffnungen können die Einschätzung vernebeln. Manchmal loben Eltern die Leistungen ihres Kindes in den Himmel, nur weil sie sich wünschen, dass ihr Kind in die eigenen Fußspuren stapft. Kein wirklich wünschenswerter Weg. Der wichtigste Faktor ist: Zeit. Zeit haben. Zeit lassen. Und: machen lassen. Neben Zeit, brauchen Kinder auch Raum, um ihre Interessen und Talente zu entwickeln. Und sie brauchen Erwachsene als zuverlässige, unterstützende und anregende Begleiter bei der Entdeckung der Welt und dem Sammeln von Erfahrungen.

Auch in der Schule ist es wichtig, die Begabungen zu fördern, damit Kinder gut lernen und das Beste aus ihren Anlagen machen können. In einem Lied von Kurt Mikula lautet der Refrain: „Kommt, seid mal ehrlich, keiner ist entbehrlich, jeder ist ein Star, jeder hat Talent, wenn man es erkennt.“ Ein tolles Motto für das beginnende Schuljahr.

Wie verschieden Menschen sind, welche unterschiedlichen Erfahrungen und Erlebnisse sie auch machen, welche Talente sie auch haben, bei Gott ist jede und jeder wichtig, keiner wird vergessen. Gottes Ja zum Menschen, das er in der Taufe spricht, ist eine große Kraftquelle. Gott fordert nicht, dass Menschen perfekt sind, aber ihre Begabungen und Eigenschaften sollen sie nicht verkümmern lassen, sondern entwickeln, nützen und zur Entfaltung bringen. Nicht, um glücklich, geliebt oder angesehen zu sein, sondern aus dem Leben etwas zu ma-chen, ohne Zwang, einfach aus Freude am Leben, am Gelingen und am Erfolg, aus Lust am Experimentieren, aus Liebe zu Gott und den Menschen, aus Verantwortung für die Schöpfung.

Mag. Ingrid Tschank ist Pfarrerin in Gols. Kontakt: *protected email*

Jeden Sonntag sind Pfarrerin Maria Katharina Moser, Vikarin Julia Schnizlein und Pfarrerin Ingrid Tschank in der „Krone bunt“ – Kolumne „Im Gespräch“ zu lesen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von krone.at

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