Hennefeld: Religion kann Orientierung geben

 
von Evangelischer Pressedienst

Im Interview mit der „Wiener Zeitung“ spricht der reformierte Landessuperintendent über die Kirche in der Gesellschaft und den Mehrwert flacher Hierarchien

Wien (epdÖ) – Auch wenn der Wind den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften immer stärker ins Gesicht bläst: „Gerade in einer Zeit, in der Menschen immer orientierungsloser werden, alles immer gleichgültiger wird, kann die Religion eine Orientierung geben, was wichtig ist, worum es geht, dass nicht alles kommerzialisiert wird, kein hemmungsloser Individualismus, Egoismus und Egozentrismus entsteht“, sagt der Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche, Thomas Hennefeld, im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“ (Ausgabe vom 9.12.). Der reformierten Kirche seien Werte wie Solidarität, Mitgefühl, Menschenrechte, Demokratie wichtig, für all das stehe sie heute. „Wir sehen uns als Teil der Gesellschaft und erheben unsere Stimme für die Schwachen, die Notleidenden, die Menschen, die unter die Räder kommen“, betont der Landessuperintendent.

Es sei absurd, wenn man der Kirche vorwerfe, sie würde sich in die Politik einmischen. „Wir sind als Menschen politisch“, antwortet Hennefeld, „und da haben die Reformierten einen ganz besonderen Akzent darauf gelegt, dass Glaube und Politik zusammenhängen, dass sich der Glaube der Menschen erst in diesem Leben manifestiert“. Dass Gott immer wieder eingreife und parteiisch auf der Seite der Schwachen, der Notleidenden, der Unterdrückten stehe, ziehe sich durch die gesamte Bibel, „und das ist auch mir persönlich wichtig“.

Beim Thema Karfreitag werde die Evangelische Kirche „dranbleiben“, hier gehe es auch um den Schutz von Minderheitenrechten. Der verkaufsoffene 8. Dezember sei „ärgerlich“, die Evangelische Kirche engagiere sich in der Allianz für den freien Sonntag dafür, „dass Feiertage möglichst einkaufslos gestaltet werden“.

Gefragt nach den wesentlichen Unterschieden zur römisch-katholischen Kirche kommt Hennefeld u.a. auf die „flachen Hierarchien“ in der reformierten Kirche zu sprechen, es gehe darum „selber mündig zu sein“, außerdem vertrage sich die Möglichkeit, dass jede und jeder die Möglichkeit habe, ein Amt auszuüben, nicht mit dem katholischen Amtsverständnis. Katholischen Reformanliegen signalisiert der reformierte Landessuperintendent Unterstützung – Demokratie, Frauenpriestertum und verheiratete Priester hätten sich bewährt.

Eine große Belastungsprobe für die Ökumene stelle auf weltkirchlicher Ebene derzeit auch der Krieg in der Ukraine und das Agieren des Moskauer Patriarchats dar, führte Hennefeld – selber stellvertretender Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich – weiter aus: „Es ist schwierig: Auf der einen Seite geht ein Kontakt zu einem Kirchenoberhaupt, das sich völlig mit diesem Krieg identifiziert, gar nicht. Auf der anderen Seite sind wir eine globale Gemeinschaft, und da geht es nicht nur um Einzelpersonen.“ Er habe daher auch Verständnis dafür, „dass man nicht alle Brücken abbrechen möchte und auf irgendeine Weise im Gespräch bleibt“. Daher sei im Weltkirchenrat auch kein Ausschluss der russisch-orthodoxen Kirche gefordert worden.

Das vollständige Interview in der Wiener Zeitung finden Sie hier:
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2171019-Glaube-und-Politik-haengen-zusammen.amp.html

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