Gott vermissen

 
von Evangelischer Pressedienst

Michael Chalupka über das Warten im Advent

Was fehlt, wenn Gott fehlt? Vielen geht Gott nicht mehr ab. Man lebt auch ohne ihn gut, und wenn nicht, erwartet man sich keine göttliche Hilfe mehr.

Der Advent ist die Zeit, in der deutlich werden kann, was fehlt, wenn Gott fehlt. Die Zeit des Wartens, der Sehnsucht nach Erlösung, nach einem Loskommen von der Welt, der Welt, die einen belastet und bisweilen unerträglich geworden ist in ihrer Selbstbezüglichkeit und Selbstgefälligkeit. In der Adventszeit lebt der Gedanke auf, es könne eine Instanz geben, die außerhalb des eigenen Ichs liegt.

Dort, wo das Fehlen Gottes noch empfunden wird, dort ist eine große Erwartung. Die Bewegung des Suchens setzt Energien frei. Vieles erscheint möglich. Alles kann sich ändern. Nichts muss bleiben, wie es ist. Wenn es da einen oder eine gibt, die Trauer zu Freude und Schmerz und Leid zu Frieden verwandeln kann.

Gott zu vermissen, ist eine Glaubensübung. Sie fällt nicht immer leicht. Aber sich auf ein großes Ereignis vorzubereiten, ist nicht immer nur einfach.

Das Warten im Advent, das Warten auf das große Eingreifen Gottes in den Lauf der Welt nimmt eine überraschende Wendung. Gott selbst wird zum Kind, so glaubt die Christenheit, kommt als Mensch in die Welt. Gott kommt nicht als allmächtiger Herrscher, als tobender Rächer, sondern als Mensch unter Menschen, als Mensch ohne alle Gewalt. Friede ist möglich unter Gott und den Menschen. Das fehlt, wenn Gott fehlt.

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