Durst und Heimweh, was ist schlimmer?

50 Jahre „Trinitatiskirche“ in Hütteldorf

 
von Martina Schomaker
Gemeinsam feiert die Pfarrgemeinde Hütteldorf den 50er ihrer Trinitatiskirche.
Gemeinsam feiert die Pfarrgemeinde Hütteldorf den 50er ihrer Trinitatiskirche.

Einen Festgottesdienst anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Trinitatiskirche feierte die Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien-Hütteldorf am 27. Mai 2018 in historisch einmaliger Länge (über drei Stunden). Die vielgestaltige und kurzweilige "Feierstunde" begann mit der Entsendung einer vornehmlich mit Kindern besetzten Sponsorenlaufgruppe, betreut von World Vision. Mit € 21,- Startgeld pro Kind wird Kindern in der Dritten Welt Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht, Durststiller und Hygienefaktor für Gesundheit. Täglich sterben 1000 Kinder, weil sie oft keines bekommen: 6 km die Strecke, die ein Kind am Tag durchschnittlich gehen muss, um an sauberes Trinkwasser zu kommen. 12 Kinder und vier Erwachsene (€ 42,-) wurden über die Festgottesdienstkollekte gesponsert.

Mit dem Predigtthema: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst:“ Offb. 21,6 nahm Bischof M. Bünker auch Bezug auf den Himmelsregen des „grünen Weihetages“ 1968, zu dem Bischof G. May die Festpredigt hielt. Es regnete damals in Strömen.

Der Blumensponsor U. Schubert, eigens aus Baden/Deutschland angereist, berichtete von seinem Flüchtlingsstatus Ende der vierziger Jahre, der Hilfe der Pfarrgemeinde und der Aufnahme ins Haus des Bischofs. Eine Flüchtlingsarbeit, die bis heute durchgehend die Pfarrgemeinde begleitet hat. Historische Reflexionen und Grußworte (von Politik und Kirche) waren immer mit konkreten Lebenssituation verbunden.

Der erste Täufling Harald Wittmann in der neuen Kirche meldete sich, nun 50-jährig, zu Wort, das erste Hochzeitspaar, nun Jubelpaar, sprach zur Gemeinde, Kurator Gerhart Maier mit Gattin Christa.

Heimweh ist schwer zu tragen. Persische Flüchtlinge berichteten über Asylverfahren, das oft eher einem Glaubensverhör oder theologischen Prüfung gleicht. In einem animierten Präsentationsquiz wurden Fragen gestellt, die Asylwerber für den Glaubensnachweis beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beantworten müssen. Die Gottesdienstbesucher, bis hin zu Pfarrer und Bischof, runzelten die Stirn. Selbst für gestandene Evangelische keine leichte Sache! Wer kann vor dem Richter bestehen?

Ein Flüchtlingskandidat, zum ersten Interview am folgenden Tag nach Eisenstadt vorgeladen, informierte mit zittrigen Knien von seinem Gang. Die Gemeinde betete für ihn. Das international besetzte Musikteam sang auf Persisch (mit deutschen Untertiteln) ein Anbetungslied.

Gott stillt Durst. Gott begegnet dem Heimweh. Gott schenkt Heimat. Zentraler Satz: Weil Gott selbst die Heimat ist, aus der wir Menschen stammen, kann er auch nur die Heimat sein, auf die wir zugehen. Nur bei ihm sind wir letztlich zu Hause.

Der vom Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer berufene Integrationsbotschafter Juan García Herreros berichtete aus seinem Leben. Ein Verwandter war in die Verhaftung des Drogenbarons Pablo Escobar involviert. Die Familie, auch Juan musste fliehen (mehr dazu: https://kurier.at/chronik/oesterreich/zu-hause-auf-den-buehnen-dieser-welt/400033720 ). Seit nunmehr 16 Jahren in Österreich, geht Juan in Schulen und berichtet den Kindern, wie Integration funktionieren kann, vor allem mit Musik. Im Festgottesdienst sang die Gemeinde mit ihm: „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt…“ und dann legte er, einer der weltbesten E-Bass Gitarristen -er spielte an der Seite von Elton John und andere Größen - mit seinem Quartett los und bot hinreißende Soloparts der Jazzmusik. Ende des Gottesdienstes gab er ein kleines Abschlusskonzert. Niemand verließ vorzeitig die Kirche, um ans Glas Sekt zu kommen.

Die Amtseinführung der acht PresbyterInnen, Blumendank an MitarbeiterInnen, das per Konferenzschaltung als Videobotschaft eingeblendete Grußwort des Pfarrers von Mariabrunn, an die Altarwand gebeamt, zur Halbzeit des Sponsorenlaufs, die Rückkehr der Kinder unter großem Applaus empfangen, ihre Ehrung, und immer wieder unser Bischof mit Segensworten, Sendungsworten, Gebeten und Urkundenübergabe - ein vitales Miteinander. Bestückt mit Urkunden und Medaillen blieben die Kinder auf ihren Kissen bis Ende des Gottesdienstes.

Rund 125 Besucher, € 1.400,- Kollekte, ein gut besuchtes Gartenfest neben dem „Paradies“, keine kritische Stimme zur Gottesdienstlänge, ließen allen Aufwand im Vorfeld vor Freude vergessen. Danke an alle, die sich haben einbeziehen lassen, auch unserer Diözesankantorin Yasuko Yamamoto an der Orgel.

Text: Pfarrer Hartmut Schlener
Fotos: Jochen Hitzigrath

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