Frei und gleich
Michael Chalupka über die Würde junger Menschen
Ich bin mir nicht sicher, welche Aussage mich mehr erschreckt, die Aussage eines niederösterreichischen Landesrats, der vielen Schülerinnen und Schülern eines Gymnasiums in Wien persönlich ihr Existenzrecht abspricht, oder die Antwort der Schülerin, die ganz gefasst darauf repliziert hat: „Solche Aussagen sind wir gewohnt.“
Müssen Jugendliche, die hier aufgewachsen sind und sich auf die Matura vorbereiten, es wirklich gewohnt werden, rassistisch beleidigt und gedemütigt zu werden? Müssen wir alle, die wir dieses Land lieben, es gewohnt werden, dass Politiker, die Gesetze unseres Landes nicht respektieren, die Menschenrechte in Frage stellen und sie, wie in diesem Fall, mit Füßen treten?
Als Bürgerinnen und Bürger dürfen wir uns daran nicht gewöhnen. Die Jugend ist unsere Zukunft, das ist keine hohle Phrase oder Beschwörungsformel für Sonntagsreden. Dieser Satz ist einfach wahr. Deshalb bedürfen gerade die jungen Menschen, egal woher ihre Eltern gekommen sind, den Schutz ihrer Würde.
Christinnen und Christen können sich nicht daran gewöhnen, denn der Apostel Paulus schrieb an die Gemeinde in Galatien: „Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid: In Jesus Christus seid ihr alle eins.“ Oder in der Sprache der Menschenrechte. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Daran müssen wir uns gewöhnen.