Diakonie-Direktorin Moser: „Kinder brauchen Chance auf Zukunft“
Abschiebung von AsylwerberInnen in Lehre „unverständlich“
Abschiebung von AsylwerberInnen in Lehre „unverständlich“
Wien (epdÖ) – Die Rechte und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen hebt die neue Direktorin der Diakonie Österreich, Maria Katharina Moser, zu Beginn ihrer Amtszeit hervor. Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, 12. September, betonte die evangelische Theologin und Pfarrerin mit der gezielten Förderung von Schulen in benachteiligten Gegenden, dem Rechtsanspruch auf assistierende Technologien bei Sprachbehinderungen sowie dem Ausbau von frühen Hilfen in Österreich drei Schwerpunkte der Diakonie: „Kinder brauchen eine gute Chance auf Zukunft, brauchen Wertschätzung, aber auch eine gute materielle Basis. Dann werden sie auch ihre Leistung bringen können.“ Mit Blick auf den aktuellen Streit um AsylwerberInnen in Lehrberufen meinte Moser, Abschiebungen seien für sie auch ökonomisch unverständlich. Sie verwies auf das deutsche 3+2-Modell (3 Jahre Lehre plus 2 Jahre im Beruf), und forderte die Bundesregierung dazu auf, dieses umzusetzen.
Benachteiligte Schulstandorte stärken
Rund 130.000 Kinder leben in Österreich in einkommensschwachen Haushalten, sagte Moser mit Bezug auf Zahlen der Statistik Austria: „Die Bedingungen, unter denen man geboren ist, bestimmen das ganze weitere Leben. Schule muss hier einen Ausgleich schaffen.“ Moser fordert, dem Beispiel der Niederlande und Kanadas zu folgen und einen Chancenindex für benachteiligte Schulstandorte einzurichten, der das soziale Ungleichgewicht abfedert. „Schulen in schwierigen Gegenden müssen die besten Schulen werden“, verlangt Moser. Gerade bei Kindern aus einkommensschwachen Haushalten dürfe nicht gespart werden, diese Bedrohung aber stehe im Raum.
„Die ersten Lebensmonate sind entscheidend“
Wichtig ist es für die Diakonie-Direktorin zudem, frühe Hilfen für Kinder unter drei Jahren und ihre Eltern weiter auszubauen. „Die ersten Lebensmonate sind entscheidend. Studien zeigen: Ein investierter Dollar in dieser Lebensphase hat langfristig eine Rendite von 8 bis 16 Dollar – weil man das Problem gleich an der Wurzel gepackt hat.“ Mit den frühen Hilfen könnte Eltern, vor allem jungen Müttern, geholfen werden, die nach der Geburt ihres Kindes Probleme haben, die Situation zu meistern und eine stabile Beziehung zum Kind aufzubauen. Moser verweist dazu auf das Beispiel von „Mum&Baby-Treffs“ der Diakonie in Oberösterreich, in denen sich Mütter mit Kindern, die durch hohe psychosoziale Belastungen beeinflusst sind, austauschen können.
„Sprachbehinderung darf nicht bedeuten, dass Menschen sprachlos bleiben“
Mosers dritte Forderung zum Amtsantritt betrifft den Rechtsanspruch auf assistierende Technologien für Kinder mit Sprachbehinderungen. „Es gibt Mittel, aber es muss auch praktisch möglich sein, an diese Mittel heranzukommen. Wir fordern eine zentrale Stelle, an die man sich wenden kann“, so Moser. Zudem müsse der bestehende Hilfsmittelkatalog – zuletzt 1994 aktualisiert – auf den neusten Stand gebracht werden, da er aktuelle Entwicklungen in der Sprachassistenz wie zum Beispiel Sprachcomputer nicht berücksichtige. Ihre Erfahrungen mit dem österreichischen Behördenwesen in diesem Bereich schilderten im Rahmen der Pressekonferenz auch die Oberösterreicherin Kerstin Weingartner und ihr achtjähriger Sohn Liam. Er besitzt einen mit den Augen steuerbaren Sprachcomputer, seitdem er drei Jahre alt ist. „Wir verwenden den Computer im Alltag, das fängt schon in der Früh mit der Frage an, was Liam zum Frühstück will“, erzählt Weingartner. Es sei äußerst schwierig, an Fördergelder für einen entsprechenden Computer zu kommen, dessen Kosten sich auf bis zu 17.000 Euro belaufen. „Ich habe auch schon viele Eltern kennengelernt, die gar nicht wissen, dass es diese Mittel gibt“, meint Weingartner. Die Diakonie hat zwar mit Life Tool Beratungsstellen in ganz Österreich, kann den Bedarf – in Österreich leben etwa 63.000 Menschen mit Sprachbehinderungen – nicht abdecken. Daher der Appell von Direktorin Moser: „Eine Sprachbehinderung darf nicht bedeuten, dass Menschen sprachlos bleiben, wenn es Mittel gibt, die ihnen helfen, das Wort zu ergreifen.“
Maria Katharina Moser ist seit 1. September Direktorin der Diakonie Österreich. Die studierte katholische Theologin arbeitete in der Forschung und wechselte dann als Journalistin zum ORF, ehe sie sich mit knapp vierzig Jahren dazu entschied, zu konvertieren und evangelische Pfarrerin zu werden.