Der Geist der Freiheit
Michael Chalupka über den Ursprung von Pfingsten
Pfingsten ist das unspektakulärste Fest unter den Feiertagen der Kirche. Es gibt keine Geschenke, keinen Baum und auch kein ordentliches, traditionelles Pfingstessen, nichts zum Angreifen und Bestaunen.
Pfingsten ist unspektakulär, obwohl es einen spektakulären Ursprung hat: Die ersten Jünger wurden fünfzig Tage nach Ostern in Jerusalem vom Heiligen Geist gepackt und erfüllt. Feuerzungen kamen vom Himmel, Menschen fielen in spirituelle Trance und konnten einander auf einmal in allen Sprachen der Welt verstehen. Das war unvergesslich.
Doch nicht jeder erlebt die Sensation, vom Heiligen Geist erfüllt zu werden. Das Wirken des Heiligen Geistes kann man sich nicht bestellen, es ist nicht planbar. Gerade das Überraschende, das Unvorhergesehene, das Unkontrollierbare ist ein Wesensmerkmal des Heiligen Geistes. Ihn kann man nicht beschwören oder durch magische Praktiken zum Sprechen bringen. Es ist der Geist Gottes, der zum Sprechen bringt. Bei Gurus und Geisterheilern, die sich jederzeit des Geistes bedienen können, ist Skepsis angebracht, wes Geistes Kind sie tatsächlich sind.
Der Geist lässt sich aber auch nicht einsperren. Er lebt nicht hinter Kirchenmauern und nicht in theologischen Lehrgebäuden, auch wenn er sich dort manchmal finden lässt. Er weht, wo er will, und dort, wo Menschen sich von seiner Freiheitsliebe anstecken lassen. Denn wo der Geist ist, da ist Freiheit.