An den Gräbern
Michael Chalupka über das Klage- und Lobgebet Kaddisch
Tausendfach wird an vielen Gräbern in Israel und in den Synagogen auf der ganzen Welt in diesen Tagen das Kaddisch gebetet, das gläubige Juden und auch Jüdinnen in der Trauer sprechen. Normalerweise beten es Söhne für ihre Eltern. In diesen Tagen der Klage nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel müssen unzählige Eltern und Großeltern für ihre Kinder und Enkelkinder das Kaddisch am Grab sprechen.
Das Kaddisch ist ein Lob des Schöpfers. Der Tod wird nicht genannt. Das Lob der Herrlichkeit seines Namens, Trost und Frieden sind die entscheidenden Worte. Im schwierigsten Moment des Verlustes wird das Lob des Heiligen ausgesprochen. Das Gebet ist Trost, wohl aber auch Klage und Anklage vor dem Allmächtigen inmitten der erlittenen Ohnmacht.
Der Hamburger Rabbiner Nils Ederberg fasst das Kaddisch so zusammen: „Gott ist groß, und Gott soll uns Frieden, Erlösung, Errettung schicken, schnell. Es ist im jüdischen Kontext ganz klar: Diese Art von Erlösung bedeutet endzeitliche Erlösung, dass es kein Böses, kein Leiden, keinen Tod mehr auf der Welt gibt.“
Das Kaddisch wird in Gemeinschaft gebetet. Zehn Menschen, im orthodoxen Judentum zehn Männer, müssen anwesend sein. Die Trauer braucht die Gemeinschaft. Die Trauer braucht Raum vor allen politischen Stellungnahmen. Das Kaddisch endet mit den Worten: Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, er stifte Frieden unter uns und ganz Israel.