Auf den Schultern von Riesen
„Von Gott und der Welt“ – Michael Chalupka über Robert Kauer und Balász Németh
Wir sind Zwerge, die, um weiter zu sehen, auf den Schultern von Riesen stehen. Schmerzlich bewusst wird das, wenn sich Giganten für immer verabschieden. Die Evangelischen Kirchen haben in den ersten Tagen des Jahres zwei von ihnen verloren. Sie mussten von Robert Kauer und Balász Németh Abschied nehmen. Beides waren Männer, die ihren Kirchen in vielfältiger Weise und in verschiedenen Rollen gedient haben, Teil der Kirchenleitungen waren und Spuren hinterlassen haben, die die Kirchen noch viele Jahre prägen werden.
Beide noch vor dem Krieg geboren, wuchsen sie in der Nachkriegszeit auf und engagierten sich auch politisch: der eine, Robert Kauer, als Gemeinderat der ÖVP in Wien – vieles, was kulturell noch heute die Hauptstadt ausmacht, geht auf ihn zurück wie etwa der Altwiener Christkindlmarkt auf der Freyung –, der andere, Balász Németh, für gesellschaftlich-progressive Bewegungen wie die Friedensbewegung.
Die Evangelischen Kirchen hatten Platz für beide. Und beide haben dafür gekämpft, dass dieser weite Raum der protestantischen Minderheitenkirchen auch dafür genutzt wird, beizutragen zu Frieden und Gerechtigkeit im Land. Die Nachgeborenen haben nun nicht mehr die direkte Erfahrung, was es heißt, in einem Land zu leben, das sich Krieg und Niedertracht auf die Fahnen geschrieben hatte. Doch das Vorbild, aus dem Glauben heraus zum Zusammenhalt beitragen zu können, das bleibt.
Michael Chalupka ist evangelischer Pfarrer und Geschäftsführer der Diakonie Bildung. Kontakt: *protected email*