Als die Welt stehen blieb

 
von Evangelischer Pressedienst

Julia Schnizlein über Trost im Glauben

Thomas war 30, als für ihn die Welt ganz plötzlich stehen blieb. „Es war der Moment, als zum ersten Mal das Wort Krebs fiel. Von einer Sekunde zur nächsten wachte ich in einer neuen Realität auf, die mit meinem bisherigen Leben zwischen Arbeit und Ausgehen, Dienstreisen und Partys nichts mehr gemein hatte.“

Während sich für alle anderen die Welt weiterdrehte, sie ihrem Alltag und ihren Hobbys nachgingen, spielte sich Thomas‘ Leben nun vorwiegend zwischen seinem eigenen und dem Krankenhausbett ab, zwischen Arztterminen, Bestrahlung und Chemo. Auch wenn die Bestürzung von Familie und Freunden riesig und die anfängliche Anteilnahme an seiner Diagnose fast schon erdrückend waren, erzählt mir Thomas, dass er sich vorkam wie ein Fremdkörper.

Er war plötzlich kein Teil mehr der Leistungs- und Spaßgesellschaft. Er hatte Angst, sich anderen zuzumuten, gab sich zuversichtlicher und kämpferischer, als er war. Er versuchte, seine Ängste, seine Wut und seine Schmerzen zu verstecken. Trotz vieler lieber Menschen in seinem Umfeld fühlte er sich allein mit seinem Leid.

Trost fand er in seinem Glauben. Immerhin ist die Kirche ein Ort, an dem das Leiden nicht ausgeschlossen wird. Der Gekreuzigte auf dem Altarbild, viele Texte und Lieder zeugen davon, dass das Leid zum Leben dazugehört. Thomas sagt, dass er sich im Nachhinein wundern musste, wie lange er die Tatsache, dass es Schicksalsschläge, Krankheit und Tod im Leben gibt, aus seinem eigenen Leben ausgeklammert hatte.

Das Leid eben nicht zu verdrängen, sondern es ins Leben zu integrieren – darum geht es in der Passionszeit. Diese sieben Wochen vor Ostern wollen uns anleiten, dem Leid ins Gesicht zu sehen. Es zu verbalisieren und als Teil des Lebens zu akzeptieren. Denn: Ein Leben ohne Leiden und Schmerzen gibt es nicht. Jede Geburt und jedes Sterben sind mit Schmerz verbunden. Dazwischen liegt eine lange Reihe menschlicher Erfahrungen, zu denen das Leid ebenso gehört wie das Glück.

Thomas‘ Leben dreht sich langsam wieder der Glücksseite zu. Nach einem Jahr intensiven Kampfes und einer onkologischen Reha ist der Krebs vorerst im Griff. Trotzdem wird sein Leben nie wieder so sein wie vorher. Thomas sagt, es sei reicher geworden.

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